Ist das halt so?

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Ich wollte eigentlich einen Artikel über meine Gefühle nach den spanischen Parlamentswahlen im Juni schreiben. Über die Tatsache, dass eine Partei gewonnen hat, aus der fast 500 Mitglieder in unzählige Fälle von Korruption, illegale Finanzierung und Wahlbetrug verwickelt sind. Darüber, was das über Spanien und die Millionen Wähler und Sympathisanten dieser Partei aussagt. Über das Bild, das jungen Leuten damit vermittelt wird. Über ebenso tief verwurzelte wie toxische Redensarten wie „Más vale malo conocido que bueno por conocer“ (etwa: „Lieber das bekannte Übel als das unbekannte Glück“) oder „Total, todos roban“ („Na und? Die klauen doch sowieso alle“) (und die Varianten „Ach, das machen doch alle“ und „Blöd ist, wer es nicht tut“). Über den Schaden, den solche Sätze bei denen anrichten, die sie aussprechen, und bei denen, die sie zu hören bekommen. Über das in letzter Zeit schwarzseherisch, pessimistisch und konformistisch wirkende Spanien. Über eine Kultur, in der es als Erfolg gilt, nach einem Vergehen oder einer Straftat „ungeschoren davonzukommen“.

Ich wollte über die Krise – anfangs in wirtschaftlich und finanziell, dann auch auf sozialer und kultureller Ebene – schreiben, die in Spanien andauert und sich so sehr in den Köpfen der Menschen eingenistet hat, dass sie quasi schon zum spanischen Charakter zu gehören scheint (ich bin mir bewusst, dass ich hier verallgemeinere). Über Sätze wie „Es lo que hay“ („Das ist halt so“), die jeden Versuch einer Reflexion oder einer Verbesserung unterdrücken und im Keim ersticken. Über kritische Menschen, wobei ich nicht „kritisch“ wie in „kritisches Denken“ meine, sondern wie in „kritischer Zustand“; und über Nörgler, die Mittelmäßigkeit als natürlichen Zustand hinnehmen und jeden Versuch, etwas zu verändern, zu verbessern oder den immer teuflischeren Teufelskreis zu durchbrechen, als negativ und kritisierbar betrachten.

Ich wollte darüber schreiben, dass ich mich angesichts dieser Atmosphäre, die ich in Spanien wahrnehme, freue, weiter ein „Alemol“ zu sein und der Resignation zu widerstehen, und dass ich stolz auf meine „deutsche Hälfte“ bin. Und darüber, dass ich nie pessimistische Sätze wie die oben genannten verwenden werden. Darüber, dass ich Optimist bleibe und weiter bemüht sein werde, mich weiterzuentwickeln und durchzuschlagen, jedoch nie auf Kosten anderer.

Über all das wollte ich schreiben, aber dann habe ich gedacht: Was würde ich damit erreichen? Meine Gedanken sind ja nicht neu, und ich bin auch nicht der einzige, der so denkt. Man konnte sie schon vor den letzten (Vor)Wahlkämpfen lesen und hören, denn es gibt noch mehr Menschen, die gegen die spanische Schwarzseherei ankämpfen, aber … was hat es genützt? Ja, ich verallgemeinere schon wieder, denn nicht alle Spanier sind Schwarzseher oder Konformisten, doch diejenigen, die es sind, geben uns anderen das Gefühl, in der Minderheit zu sein. Ich bemerke auch eine wachsende Politikverdrossenheit, die sich darin spiegelt, dass sich Kritik auf Stammtischgespräche beschränkt, statt an den Wahlurnen zum Ausdruck gebracht zu werden. In den Kneipen und den sozialen Netzwerken schimpfen die Leute jederzeit über alles und jeden, doch sobald es darauf ankommt, scheuen sie es, einen aktiven Beitrag zu einer Veränderung zu leisten. Und mit dieser passiven, verdrossenen Haltung, die sich immer mehr auszubreiten scheint, kann ich mich überhaupt nicht identifizieren. Ich weiß nicht, ob dieser fehlende Pragmatismus ein spanischer Charakterzug oder generationsbedingt ist, aber zweifellos ist er da, richtet viel Schaden an und breitet sich schnell aus. Ist das halt so …?

4 KOMMENTARE

  1. Buenísimo artículo, enhorabuena! No puedo estar más de acuerdo contigo en cada punto que mencionas. Muchos conocidos míos encajan perfectamente con los rasgos que describes y la única solución que veo, es que la gente que no es así, impregne de algún modo a los demás, pero es una tarea bastante árdua. Yo almenos lo intentaré, por ahora, siempre que veo a alguien siendo negativo, quejándose o criticando, intento transmitir positivimo y hacerle ver, que las cosas se pueden cambiar si uno quiere, que hay otra cara de la moneda, que el pesimismo solo atrae cosas negativas… Pero de todo se cansa uno, claro, y es tan fácil pensar que la culpa de lo que nos pasa la tienen otros…nada más lejos de la realidad! Todo lo que nos ocurre, las oportunidades que nos salen, los éxistos y fracasos que cosechamos, están solo y exclusivamente en nosotros mismos. La suerte, sin nuestra estrecha colaboración, no podría jamás hacer su trabajo.

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